Inseln sind Rückzugsorte – und Orte der Begegnung. Die Spielende Insel ist beides: ein Raum der Introspektion und des Dialogs, in dem Musik, Kunst und Menschen an inspirierenden Spielorten Berlins aufeinandertreffen. Gegründet und künstlerisch geleitet von Pianist Catalin Serban und Cellist Andrei Ioniță entstehen hier lebendige Konzerterlebnisse – getragen von herausragenden Musiker*innen der jungen internationalen Klassikszene, die Kammermusik auf höchstem Niveau erfahrbar machen.
27. November 2025 | 19:30 Uhr
St. Matthäus - Kirche
Kammermusik als Gedächtnis
Erwin Schulhoff (1894–1942)
Duo für Violine und Violoncello
Mieczyslaw Weinberg (1919- 1996)
Nokturn für Violine und Klavier
Robert Schumann (1810–1856)
Klavierquartett Es-Dur Op. 47
Erich Wolfgang Korngold (1897–1957)
Klaviertrio D-Dur Op. 1
Dauer: ca. 100 Min. (inkl. einer Pause)
Im sakralen Raum der Matthäuskirche wird Musik zum rituellen Gedächtnis – mit einem Programm, das Romantik und Moderne nicht als Gegensätze, sondern als miteinander verflochtene Ausdrucksformen versteht.
Erwin Schulhoff und Erich Wolfgang Korngold gehören derselben Generation an, doch ihre Klangsprachen könnten kaum unterschiedlicher sein: Schulhoff sucht in rhythmischer Energie, ironischer Brechung und Anklängen an Jazz und Volksmusik nach einem neuen musikalischen Ausdruck jenseits der Tradition. Sein Duo für Violine und Violoncello ist ein Paradebeispiel dafür – verspielt, virtuos, subversiv. Korngolds Klaviertrio D-Dur, mit nur 13 Jahren geschrieben, ist dagegen tief in der spätromantischen Tradition verwurzelt. Seine Musik ist durchdrungen von lyrischem Überschwang und formaler Klarheit – ein jugendliches, aber ausgereiftes Zeugnis aus dem Wien der Jahrhundertwende, in dem bereits die spätere Meisterschaft des Komponisten aufscheint.
Robert Schumanns Klavierquartett Es-Dur wiederum wirkt wie ein Bindeglied zwischen beiden: als Inbegriff romantischer Ausdruckskraft entfaltet es eine innere Dramaturgie aus Sehnsucht, Zweifel und leidenschaftlicher Aufwallung. In dieser Konstellation wird Schumann zur Quelle, zu der beide jüngeren Komponisten – bei aller Unterschiedlichkeit – in ihren eigenen Visionen zurückkehren. Das Konzert lässt so musikalische Linien sichtbar werden, die Vergangenheit und Zukunft miteinander verweben.
St. Matthäus - Kirche
Matthäikirchplatz, 10785 Berlin
30. November 2025 | 19:00 Uhr
Villa Elisabeth
Vergessene Perspektiven: Komponist*innen und neue Resonanzen
Michaela Catranis (*1985)
„Purple and Pall“ - Arr. für Violine und Klavier
Amy Beach (1867-1944)
Klaviertrio Op. 150
Fanny Hensel (1805-1847)
Streichquartett Es-Dur
Gabriel Fauré (1845-1924)
Klavierquartett Nr. 2, g-moll Op. 45
Dauer: ca. 100 Min. (inkl. einer Pause)
Das Abschlusskonzert versteht sich nicht als historische Korrektur, sondern als bewusste Erweiterung des musikalischen Horizonts – ein Abend, der den weiblichen Blick nicht als Besonderheit markiert, sondern als integralen Bestandteil einer offenen, vielfältigen Klangwelt erfahrbar macht. Die Werke von Fanny Hensel, Amy Beach und Michaela Catranis stehen nicht nur für eine weibliche Perspektive in der Kammermusik, sondern eröffnen Räume innerer Freiheit, formaler Klarheit und poetischer Kraft. In ihrer Gegenüberstellung mit Gabriel Faurés fein durchleuchtetem Klavierquartett wird hörbar, dass „Weiblichkeit“ in der Musik kein Stilmittel, sondern eine Frage der Wahrnehmung, der Resonanz und des Zuhörens ist – ein Dialog jenseits von Zuschreibungen, getragen von künstlerischer Autonomie und klanglicher Intimität.
Michaela Catranis’ Widening Circles, 2025 komponiert und für Violine und Klavier eingerichtet, ist ein weit atmender Klangraum – inspiriert von Rilkes gleichnamigem Gedicht. Musik als wachsende Bewegung, als innere Entfaltung.
Amy Beachs spätes Klaviertrio op. 150 überrascht durch rhythmische Vitalität und klangliche Eleganz. Sie war eine Wegbereiterin weiblichen Komponierens – mit Anspruch und Tiefe.
Fanny Hensels Streichquartett Es-Dur, lange Zeit ihrem Bruder Felix zugeschrieben, ist ein Akt künstlerischer Selbstbehauptung. Es verbindet strukturelle Kühnheit mit emotionaler Offenheit – ein singuläres Werk seiner Zeit.
Gabriel Faurés Klavierquartett Nr. 2 g-Moll bringt eine stille, introspektive Form von Weiblichkeit ins Spiel – nicht im Gegensatz, sondern als Spiegel. Seine Musik ist durchsichtig, zurückhaltend, von tiefer Innerlichkeit. Im Zusammenspiel mit den Werken der Komponistinnen entsteht ein fein gezeichneter Dialog jenseits von Geschlechterrollen – ein gemeinsamer Klangraum der Differenz.
Im Dialog mit den Werken der Komponistinnen entsteht ein gemeinsamer Klangraum jenseits von Rollen – sensibel, offen, resonant.
Villa Elisabeth
Invalidenstr. 3, 10115 Berlin